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Passivhaus – Mythos oder Wahrheit?

Wir prüfen 5 Vorurteile zum Passivhaus auf ihren Wahrheitsgehalt

Wer nachhaltig, energie- und umweltbewusst bauen und leben möchte, der findet im Prinzip Passivhaus möglicherweise die Bauweise, die zu ihm passt. In Bezug auf Passivhäuser herrschen jedoch einige Vorurteile. Die 5 häufigsten überprüfen wir auf ihren Wahrheitsgehalt.

1. Man darf nicht lüften!

In einem gewöhnlichen oder Niedrigenergiehaus ist das Lüften der Räumlichkeiten für die Gesundheit und langfristige Haltbarkeit der Bausubstanz und -materialien essentiell. Hier wird ein drei- bis viermaliges Stoßlüften pro Tag empfohlen, was für Arbeitstätige nicht immer leicht zu bewerkstelligen ist. Bei unzureichendem Lüften bilden sich daher Schimmel und Feuchtigkeitsniederschläge. In einem Passivhaus ist eine automatische und kontrollierte Komfortlüftung die Regel. Dadurch nimmt das Bedürfnis, die Fenster zu öffnen ab. Außerdem fangen Luftfilter Schmutzpartikel, Schwebstoffe und Pollen auf. Der Wärmeverlust im Winter wird geringgehalten und die Heizkosten geschont. Die Sommerhitze, die in einem gewöhnlichen Haus durchs Lüften nach innen gelangt, bleibt draußen, ebenso der Lärm. Um es also auf den Punkt zu bringen: In einem Passivhaus ist Lüften zum Zwecke des Luftaustauschs nicht nötig. Aber die Fenster zu öffnen, in Ihrem eigenen Haus, ist selbstverständlich erlaubt.

2. In Passivhäusern darf man keine Kaminöfen verwenden.

Tatsächlich sollte man handelsübliche Kamin- oder Kachelöfen nicht im Passivhaus verwenden und zwar aus mehreren Gründen. Zum einen erfordert die Installation eines solchen Ofens eine Durchdringung der Außenwand, durch die das Ofenrohr geführt wird. Dadurch kommt es zu einer Wärmebrücke. Da das Rohr außerdem nicht isoliert ist, kann hier kalte Luft ins Haus eindringen und warme Luft entweichen. Zum anderen sind Passivhäuser sehr gut gedämmt und ziemlich luftdicht gebaut. Sie benötigen keine Heizleistung in dem Maße, wie Kaminöfen sie leisten. Im Passivhaus würden sie einen Raum in kürzester Zeit überhitzen. Der dritte Grund, warum handelsübliche Kaminöfen sich nicht eignen ist der, dass Feuer Sauerstoff benötigt. Passivhäuser sind aber luftdicht gebaut. Das heißt natürlich nicht, dass sich keine Luft in den Räumen befindet, sondern nur, dass der Luftaustausch hauptsächlich über Lüftungsanlagen reguliert wird und dieses System ist leider nicht kompatibel mit der Funktionsweise von Kaminöfen.

Doch es gibt Alternativen. Wer sich das gemütliche Kaminfeuerprasseln trotzdem ins Haus holen möchte, der kann auf Ethanolöfen zurückgreifen. Tatsächlich sind diese oft mit dem Hinweis versehen: „Achtung Dekofeuer – Nicht zum Heizen geeignet.“ Dies gilt jedoch nur für konventionelle Häuser. Im Passivhaus sorgen sie für eine kuschelige Wärme und eine Extraportion an Gemütlichkeit.

3. Passivhäuser sind für Allergiker geeignet.

Durch die kontrollierte Wohnraumlüftung ist das Passivhaus in dieser Angelegenheit stark im Vorteil. Denn die Lüftungsanlagen sind mit diversen Filtern bestückt. So wird dank des Grobfilters nicht nur der grobe Schmutz von der Atemluft getrennt, sondern neben Insekten, Fasern und Sand auch bis zu 90 Prozent Blütenstaub, Sporen und größere Pollen herausgefiltert. Ein Feinfilter erledigt den Rest. Hier schaffen es keine Pollen hindurch. Schwebstoffe wie Keime, Viren, Rauch oder Aerosole werden aber nicht aufgehalten. Vorausgesetzt also, dass die Filter regelmäßig ausgetauscht werden, sind Passivhäuser tatsächlich sehr gut für Allergiker geeignet, zumindest solange die Fenster geschlossen bleiben oder bei geöffnetem Zustand nicht mit Pollenschutzgittern ausgestattet wurden.

4. Passivhäuser brauchen keine Heizung.

Die gute Dämmung und die luftdichte Bauweise garantieren eine durchgehende Wohlfühltemperatur im ganzen Haus. Der überwiegende Teil des Wärmebedarfs speist sich hierbei aus passiven Quellen – daher der Name Passivhaus – dies kann Sonneneinstrahlung sein, aber auch die Abwärme von Personen und technischen Geräten. Nichtsdestotrotz wird auch ein Passivhaus geheizt. Nur eben nicht über eine klassische Heizung. Es kommen Kombigeräte zum Einsatz, die Lüftung, Heizung und Warmwasser erzeugen. Die Verteilung der Warmluft erfolgt über die Lüftung und über Heizflächen, zum Beispiel in Form von Wandheizungen. Der Bedarf an zusätzlicher Wärme ist allerdings relativ gering. Er liegt bei etwa 1,5 Liter Heizöl pro Quadratmeter und pro Jahr.

5. Passivhäuser sehen aus wie Schuhkartons.

Tatsache ist, dass energieeffizientes Bauen wohlüberlegt sein will und Passivhäuser daher auch möglichst kompakt gebaut werden sollten. Möchte man die Kraft der Sonne mitnutzen, muss die Ausrichtung des Hauses an der Himmelsrichtung mitbedacht werden. Ob jedoch ein Flach-, ein Sattel- oder ein Pultdach verwendet wird, das ist reine Geschmackssache. Und auch das Baumaterial ist frei wählbar. Insofern sollten Passivhäuser immer gut geplant sein, aber wie sie aussehen, das entscheidet der Bauherr oder die Bauherrin alleine und zwar ganz den persönlichen Vorlieben entsprechend.